Bergtouren am Sylvensteinsee
📅 10.10.2019 -13.10.2019 ✎ von Karsten, zuletzt geändert am 13.10.2019 📷
Faller Rundweg, Grammersberg, Demeljoch und Schürpfeneck im Goldenen Herbst
Tag 1
Donnerstag in der Sauna machte ich mir Gedanken, wie wir das mit dem Wochenende wohl hinbekommen könnten: Freitag bis Sonntag Traumwetter, das schreit nach einer Bergtour, aber schon bestehende Termine ermöglichen keine Personenkonstellationen, so dass mindestens zwei von uns mindestens zwei Tage fahren könnten.
Dann kam mir spontan die Idee: ich fahr alleine. Und zwar heute noch. Meine Arbeit ermöglicht es mir nicht nur im Home Office zu arbeiten, sondern auch „mobile“ zu arbeiten. Zurück zu Hause bringe ich die Idee vor, und schon wird geplant und getan: Steffi bastelt mir aus dem, was noch im Haus ist, Vorräte zusammen, so dass ich idealerweise nichts mehr einkaufen muss, sondern direkt einen Stellplatz anfahren kann. Außerdem holt sie den Clever, der wegen einer Baustelle neulich woanders geparkt war. Sie ist nicht nur eine tolle (Mit-)fahrerin, sie gönnt mir neidlos auch Solotouren und unterstützt mich dabei – ich weiß schon, warum ich sie geheiratet hab!
Spätabends fahr ich dann los, Ziel ist der Sylvensteinsee. Doch zahlreiche nächtliche Bauarbeiten und damit verbundene Sperrungen bremsen mich gewaltig aus. Ich entscheide spontan, bereits in Bad Tölz stehen zu bleiben, an der „wee-Arena“, ein sehr ruhiger Stellplatz. Dort penne ich, werden von „Boom-Musik“ von Schülern im benachbarten Skatepark geweckt und starte mit Kaffee und Laptop in den Tag. Während der Morgennebel noch über dem Ort hängt, bin ich ungeheuer produktiv. Arbeiten im Wohnmobil ist wohl so: wenig Ablenkung, kurze Wege, bzw. meist garkeine, denn es ist alles in Griffweite. Auch als die Sonne dann rauskommt, habe ich nicht das Gefühl, etwas zu verpassen: ich weiß ja, dass ich früh Schluss mache (die Woche hatte ohnehin genug Mehrstunden) und dann nicht weit weg von meinem Berg-Startpunkt bin. Zwischendurch parkt die Polizei fast neben mir, scheint also okay zu sein, hier zu stehen, zumindest in einem Tarn-Wohnmobil. Ich lese dann in der offenen Türe sitzend noch zwei Berichte und mache dann Feierabend.
Auf Richtung Lenggries. Auf dem kompletten Weg und auch noch weiter Richtung Sylvenstein gibt es (unbeschränkte) Parkplätze entlang der Isar, die hier parallel zur Straße fließt.
Auf dem Stellplatz im Wald beim Örtchen Fall angekommen, wird nicht lang gefackelt, Wanderkarte raus und kurz geplant, was heute noch gehen könnte, vor allem: in der Sonne! Der Faller Rundweg (Nr. 3), etwas langweilig möglicherweise, führt um den Roßkopf rum, sein Gipfel wäre mir lieber gewesen, aber da gibts wohl keinen Weg rauf und auch der Rundweg soll Ausblick bieten und: er müsste meinen Überlegungen nach halbwegs Sonne haben.
An einer Diensthütte der Bayrischen Staatsforsten verriet mir ein Blick in die Karte, dass ich vielleicht doch noch zu meinem Gipfelglück kommen könnte: ein Forstweg führt erst mäßig, dann sehr steil auf den Grammelsberg. Kurzer Zeitcheck, dann ist‘s beschlossene Sache: auffi muass i! Ein sehr gute Entscheidung, ich werde mit einigen tollen Blicken auf umliegende Berge wie dem berühmten Scharfreuter und seinen Nachbarn belohnt. Nur den Sylvensteinsee sehe ich nicht, dafür ein Eckchen des Walchensees. Ansonsten ist das eher kein Aussichtsberg, denn er ist bis oben bewaldet, so dass einem die Bäume den Block versperren. Ich gehe bis zum Pirschschneid, eigentlich ein Gratweg, aber auch da Bäume talseitig. Über den eigentlich in der Karte als Wanderweg eingezeichneten Weg (Nr. 237) gehe ich zurück, aber der ist schrecklich, hier hat offenbar ein Harvester gewütet und den Weg ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Zurück auf dem Rundweg geht‘s wieder Richtung Fall, allerdings mit einem kleinen Abstecher zum See… pünktlich zum Sonnenuntergang gehe ich am Seeweg lang und komme dann auf dem Weg Richtung Straße auf einem großen Parkplatz vorbei, wo ein WoMo und ein 6m-Clever steht. An der Einfahrt verrät ein Schild, das Grillen und Parken nur tagsüber erlaubt sei.
Um 19:00 rum komme ich zum Auto zurück, gerade noch im Hellen, eine Viertelstunde später ist es stockfinster. Mittlerweile stehen einige Kollegen um mich rum im Wald.
Im WoMo noch ein bisschen im Internet lesen, erfahre ich einiges zum Sylvensteinsee und dass das ganze Gebiet ein Naturschutzgebiet ist. Letzteres erklärt das Schild auf dem Parkplatz und auch, warum es diesen coolen Stellplatz hier im Wald mit Ver- und Entsorgung gibt. Sie wollen eine legale Möglichkeit schaffen, hier zu stehen und zwar so, dass es mit dem Naturschutzgebiet im Einklang ist, daher die Anlagen. Es gibt sogar ein WC-Häuschen, vermutlich für die zahlreichen VW-Bus und PKW-Camper, die an diesem Wochenende hier stehen und die bestimmt kein Klo an Bord haben.
Danach geht‘s dann an die Entscheidung: was mach ich morgen? Scharfreuter oder Demeljoch. Beides schaut gut aus. Eine Internetrecherche und eine nachgeholte Gipfelhalbe helfen: Demeljoch. Einsam, unbewirtschaftet hat gewonnen vor vielleicht überlaufen aber Tölzer Hütte noch offen.
Tag 2
Der Tag beginnt bei 3° Außentemperatur und Morgensonne (trotz Wald) mit Kaffee, selbstgemachter Erdbeermarmelade und Semmeln vom „Jäger von Fall“, einem benachbarten Hotel, die so nett sind, einen Semmelservice für die Waldcamper anzubieten, wie die Kollegen von WHATABUS bei ihrer Stellplatzbewertung verraten haben. Jede Semmel 60 cent, egal welche Sorte. Reich werden die damit bestimmt nicht, es ist eher ein ehrlicher Service an die Camper, vermutlich verbunden mit der Hoffnung, dass man nach dem langen Berg- oder Seetag noch bei ihnen ins Restaurant kommt. Ich war von Steffi perfekt versorgt, außerdem abends jeweils hundemüde, aber die Speisekarte schaut echt gut aus und die Semmeln waren toll. Das nächste Mal!
Dann Wanderschuhe an, erneut die 4€ Tagesgebühr für den Parkplatz lösen und die sich ziehende Straße entlang, die als Wanderweg 236 ausgewiesen ist, Richtung österreichische Grenze/Bächental. Meine Planung, dass diese Strecke auch morgens schon in der Sonne liegen sollte, ging auf. Gerade als ich dachte, den Teil hätte ich auch mit dem Mountainbike (was ich nicht mitgenommen hatte) fahren können, überholt mich eine Gruppe Mountainbiker. Direkt, wo der Weg D von der Straße abgeht, treffe ich sie wieder, wo sie grade ihre Räder absperren. Das dauert, ich überhole sie und sehe sie später nur einmal von oben aus der Ferne wieder. Ein sehr schöner Bergsteig, halb im Wald, oft in der Sonne. Bald komme ich an der Demelalm an, wo gerade die Wartungsarbeiten für den Winter gemacht werden: es wird Teppich geklopft, Wände gestrichen, Brennholz geschichtet und mit der Spitzhacke gearbeitet. Offensichtlich Familie und Freunde, die da zugange sind, alle helfen mit, sichtlich guter Stimmung - glückliches Almleben!
An der Alm vorbei, einen sehr schönen Steig, halb im Wald, halb im offenen Gelände, komme ich zum Demelalm-Hochleger, sehe aber dahinter kein Demeljoch sondern nur Himmel! Ein paar Meter und eine nette Wegmarkierung weiter taucht der Roßkopf auf, dann sein linker Nachbar, das Demeljoch, klar erkennbar am Gipfelkreuz.
Oben angekommen mache ich erstmal große Rast. Fast nur Einzelwanderer, überwiegend Frauen, die den grandiosen Ausblick nicht mit überflüssigen Worten kommentieren, sondern bis auf Gruß- und Abschiedsworte (Griasds aich, Pfiads aich) einfach mal die Klappe halten. Ein Traum. Ich mache zahlreiche Bilder und überlege, jetzt, wo ich ihn im Blick habe, ob ich wirklich den Gratweg über das Schürpfeneck (D1) nehmen soll: zeitlich, was die Proviantvorräte und was meine allmählich einsetzende Alters-Höhenangst anbelangt. Ich entscheide mich dafür und auch als nach dem Dürrenbergjoch der Abzweig über den Dürrenberg ins Tal abgeht, bleibe ich dabei: eine sehr gute Entscheidung, denn so konnte ich das Traumwetter des Tages voll ausnutzen bei einem sehr tollen Bergweg, der nur an wenigen Stellen ungefährlich ausgesetzt war. Blöd wurde es erst, als der D1 auf den Weg 6 mündet: ein Fahrweg, der ewig lang und auch nochmal bergauf sich ettliche Kilometer zurück nach Fall zieht. Allerdings haben mich Goldene-Herbstbäume, coole Kühe, die Muster scheißen und ein Sonnenuntergang dafür entschädigt. Diesmal komme ich fast im Dunklen zurück zum WoMo, wo ich gleich den Blogeintrag schreibe. Rechtschaffend müde ist der Abend dann auch bald zu Ende.
Tag 3
Als ich nach dem Aufstehen und Heizung und Kaffeemaschine anmachen zum Semmeln holen gehe, fällt mir erst auf, wieviele Fahrzeuge noch hinzugekommen sind: aus dem Waldparkplatz ist ein Campingplatz geworden, da ist alles vertreten, vom PKW bis zum umgebauten Umzugs-LKW.
Beim Frühstücken entscheide ich gemütlich nach Lenggries zu fahren, um dort ein bisschen in der Sonne spazieren zu gehen, denn für eine Bergtour reichts heute nicht mehr, ich bin für nachmittags verabredet. Wie alle Entscheidungen auf dieser Tour war auch diese genau richtig, ich parke dank unserer 540 Länge mitten im Ort auf einem Parkplatz und bummele durch den Ort und ein Stück an der Isar lang.
Dann mache ich mich auf Richtung München und bin froh, dass ich damit dem sonntag-abendlichen Stau entgehe, denn selbst jetzt um 11:00 kommen einem noch schlangenweise Münchner Autos entgegen. Ich steuere den Feringasee im Osten Münchens an, wo ich bei herrlichstem Biergartenwetter auf meinen ältesten Freund treffe. Unser Wiedersehen nach viel zu langer Zeit wird mit ein paar Weißbieren begangen, irgendwann stößt Steffi zu uns (jemand muss ja zurückfahren...). Wir bleiben bis Sonnenuntergang, kurz zuvor hatte ich nun den dritten Tag in Folge die goldene Abendsonne die Herbst-bunten Bäume in ein unvorstellbares Licht tauchen sehen.
Ein perfektes Wochenende!
Land: Deutschland Region: Bayern
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